Änderungen im Arbeitszeitgesetz

Vorübergehend erweiterte Arbeitszeiten

Stand 13.04.2020

Die Bundesregierung hielt das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemeinwesens für möglicherweise gefährdet, weil das Coronavirus SARS-CoV-2 und die hierdurch verursachte Krankheit COVID-19 zu Ausfällen von Mitarbeitern in systemrelevanten Branchen führen könnte. Es sei mit einem stark erhöhten Kranken- und Quarantänestand bei den Beschäftigten zu rechnen. Kinderbetreuung auf Grund der Schließung von Schulen, Horten, Kindergärten und Kinderkrippen können zusätzliche Fehlzeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bewirken. Andererseite gäbe es bei der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln, Hygieneartikeln, Medizinprodukten etc. einen erheblichen Mehrbedarf.


Durch den am 28. März 2020 in Kraft getretenen § 14 Absatz 4 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeitlich befristet ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit im aktuellen außergewöhnlichen Notfall, der bundesweite Auswirkungen hat, bundeseinheitliche Ausnahmen vom ArbZG zu erlassen. Auf dieser Basis wurden durch eine Rechtsverordnung ab 10.04.2020 für bestimmte Tätigkeiten und für einen befristeten Zeitraum bis 30.06.2020 (s.u.) Ausnahmen von den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zugelassen:

  • Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.
  • Wie im Arbeitszeitgesetz üblich, muss innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich auf acht Stunden werktäglich (48 Stunden wöchentlich) erfolgen.
  • Die tägliche Ruhezeit darf um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, wobei eine Mindestruhezeit von neun Stunden nicht unterschritten werden darf. Jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen. Der Ausgleich ist nach Möglichkeit durch freie Tage zu gewähren, ansonsten durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens 13 Stunden.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können.
  • Der Ersatzruhetag für Sonntagsbeschäftigung kann innerhalb von acht Wochen gewährt werden, er muss spätestens bis zum Außerkrafttreten der Verordnung am 31. Juli 2020 gewährt worden sein.
  • Wird von den Abweichungen Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 60 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Nur in dringenden Ausnahmefällen darf die Wochenarbeitszeit auch über 60 Stunden hinaus verlängert werden, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.


Die Ausnahmen gelten derweil nur für bestimmte systemrelevante Tätigkeiten, welche zur Versorgung der Bevölkerung erforderlich sind. Diese Tätigkeiten sind in der Vorordnung abschließend genannt:
 

  1. beim Herstellen, Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von

    a) Waren des täglichen Bedarfs,
     

    b) Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren sowie Hilfsmitteln,

    c) Produkten, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie eingesetzt werden,

    d) Stoffen, Materialien, Behältnissen und Verpackungsmaterialien, die zur Herstellung und zum Transport der in den Unterpunkten 1 bis 4 genannten Waren, Mittel und Produkte erforderlich sind,

  2. bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten, bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz,
     
  3. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden,
     
  4.   in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,
     
  5.  in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren,
     
  6.  zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten sowie bei der Bewachung von Betriebsanlagen,
     
  7. zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen,
     
  8. in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Lieferdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern.


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Dr. Nikolaus Bross, Fachanwalt für Arbeitsrecht,
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