Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur noch die „halbe Wahrheit“

Bundestag beschließt verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur für pandemiebedingt überschuldete Unternehmen


Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur noch die „halbe Wahrheit“ –
Bundestag beschließt verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur für pandemiebedingt überschuldete Unternehmen


Der Bundestag hat am 17.09.2020 beschlossen, dass die Insolvenzantragspflicht in Fällen der Überschuldung bis zum 31.12.2020 ausgesetzt bleibt. Dies gilt jedoch nur für Unternehmen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie überschuldet sind. Für Unternehmen, die zahlungsunfähig sind oder aus anderen Gründen überschuldet sind, endet die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht am 30.09.2020.


Im März hatte der Bundestag aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beschlossen, die Verpflichtung zur Insolvenzantragsstellung auszusetzen. Diese Aussetzung galt von vornherein nur für die Unternehmen, welche Ende des Jahres 2019 weder zahlungsunfähig noch überschuldet waren und lediglich aufgrund der COVID-19-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Ebenso galt die Aussetzung der Antragspflicht von vornherein nicht für solche Unternehmen, bei denen keine Aussicht auf die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestand. Ursprünglich sollte die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht am 30. September 2020 enden.


Das vom Bundestag nun verabschiedete Gesetz sieht eine Änderung der §§ 1 und 2 des COVID-19 Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG) vor. Unternehmen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie überschuldet, aber zahlungsfähig sind, brauchen bis zum 31.12.2020 weiterhin keinen Insolvenzantrag zu stellen. Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die COVID-19-Pandemie noch nicht überwunden ist und viele Unternehmen daher weiterhin insolvenzgefährdet sind. Bei zahlungsunfähigen Unternehmen sei die Krise aber bereits so weit vorangeschritten, dass die Aussichten auf eine Fortführung gering und die Risiken für den Rechts- und Wirtschaftsverkehr erheblich seien.


Die Gesetzesänderung nimmt die Unternehmen und ihre Geschäftsleitungen nun stärker in die Pflicht: Diese müssen besonders kritisch prüfen, ob bereits eine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, um nicht gegen die Insolvenzantragspflicht zu verstoßen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht, was nach der gesetzlichen Vermutungsregelung der Fall ist, wenn das Unternehmen am 31.12.2019 nicht bereits zahlungsunfähig war. Kommen die gesetzlicher Vertreter der Unternehmen ihrer Prüfungspflicht nicht nach und verletzten die Insolvenzantragspflicht, drohen strafrechtliche Konsequenzen (insbesondere gemäß § 15a InsO) und die persönliche Haftung der Geschäftsführung (insbesondere § 64 GmbHG).


„Gesetzliche Vertreter der betroffenen Unternehmen sollten dringend prüfen, ob zum 31.12.2019 oder ab dem 30.09.2020 Zahlungsunfähigkeit vorlag oder einzutreten droht, um die Antragspflichten einzuhalten“, so Rechtsanwalt Bastian Rosner von der VRT Linzbach, Löcherbach und Partner mbB aus Bonn. „Der deutliche Rückgang der Insolvenzverfahren seit Beginn der COVID-19-Pandemie in Deutschland deutet darauf hin, dass viele Unternehmen staatliche Zuschüsse und Hilfen zur vorübergehenden Verbesserung der Liquidität genutzt haben und zugleich auf eine Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage hoffen, ohne jedoch ausreichend zu prüfen, ob die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht tatsächlich für sie gilt. Spätestens ab dem 30.09.2020 sind die Schlagzeilen über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur noch die halbe Wahrheit und entbinden die Unternehmen nicht von einer kritischen Prüfung der Insolvenzreife.“


Sollten Sie als Unternehmerin und Unternehmer oder als Geschäftsführer bei der Prüfung einer Insolvenzreife Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte der VRT Linzbach, Löcherbach und Partner mbB als kompetente Ansprechpartner gerne zur Verfügung.

Ihr Ansprechpartner: 
Bastian Rosner
Rechtsanwalt und Partner
0228/26792-408